Am Hof des Reichsregenten

PRA
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1015 BF
Am Hof des Reichsregenten
1. Turniertag des Kaiserturniers, Jahresbeginn und Sommersonnenwende
Gareth, Garetien, Mittelreich

Mit goldenem Glanz geht die Sonne über der Kaiserstadt auf. Der Himmel ist wolkenlos und strahlt in königlichem Blau.

Die Garether Bürger feiern den höchsten Feiertag des zwölfgöttergläubigen Aventurien mit Prozessionen mit goldenen Greifenstandbildern und Jubelrufen. Die Namenlosen Tage sind überstanden, ein neues Jahr hat begonnen.

Die Helden finden sich vor der Stadt des Lichts zur Eröffnungsmesse des Kaiserturniers ein. Der Lichtbote, Jariel Praiotin persönlich, hält die Ansprache zum Beginn der Messe, betont die Bedeutung und das Gewicht der göttergewollten Ordnung und ruft zur Demonstration der Macht des Sonnengottes ein mächtiges Wunder, einen Greifen herbei, der über die Schar der Gläubigen hinwegfliegt und sich neben dem Lichtboten niederlässt.
Die Predigt mahnt zu Demut vor den Göttern aber kündet auch von Mut, Zuversicht, und Gottvertrauen in einer Zeit die von politischen und klerikalen Krisen sowie blutigen, militärischen Konfliken geprägt ist.
Die Botschaft an die Gemeinschaft der Gläubigen lautet: “Friede den Menschen, Treue den Fürsten und Gehorsam den Göttern.”

Nach der Neujahrs- und Eröffnungsmesse des Kaiserturniers beginnt die Parade der Turnierteilnehmer vor der Neuen Residenz und dem Einzug aufs Turniergelände.
Danach erfolgt die Eintragung in die Turnierrolle. Alawin stellt erfreut fest, dass das alljährliche Kaiserturnier von nur einem Zehntel der Teilnehmer besucht wird wie das Turnier des Hoftags im Winter letzten Jahres.

Alawin und Idra reiten ihre ersten Durchgänge im Tjost. Der Albernische Krieger besiegt Baron Gonschomir Havelstein von Bärenklamm und den Ritter Tharian von Falkenstein.
Die Luringer Prinzessin besiegt die Amazone Caya von den Drachensteinen und den Ritter Lysterian vom Jergenquell.

Abends finden sich die Helden in ihren besten Kleidern zum Eröffnungsball vor der Neuen Residenz ein. Die Gelehrten Tejeran und Dariyon tragen ihre Fest- und Konventsgewänder, die Inquisitorin Praiala ihr goldenes Festtagsornat mit den Standessymbolen, Xolame ihr maßgeschneidertes Festtagsgewand aus Schatodor, Alawin seine nach neuester Mode angefertigte Ballkleidung aus dem Atelier der Ranari Espenkind und Idra ihr edles Ballkleid vom Hofschneider auf Burg Luringen.

Vor den Helden erstreckt sich eine 200 Schritt lange Allee durch weitläufige Parkanlagen, mit weißem darpatischem Kies bestreut. Links und rechts liegen die berühmten Springbrunnen und wunderschönen Gärten.
Nochmals passieren sie eine übermannsgroße Mauer und erreichen den Großen Platz der Residenz. Vor ihnen liegen Dutzende weiß gekalkte Gebäude mit lotosblauen Fensterläden, unübersehbar zur Rechten aber der Palast mit dem Fuchswappen. Etwa 50 Elitesoldaten des Greifenbanners, des 1. Regiments der Löwengarde, säumen die Auffahrt mit präsentierten Hellebarden. Auf den Rasenflächen haben die kaiserlichen Gärtner rote Tulpen, blauen Rittersporn und gelbe Königskerzen gepflanzt.
Die Helden durchqueren das Ehrenspalier und erreichen die große Freitreppe vor dem Palast.

Gemeinsam steigen sie die mächtige, aber ziemlich flache Freitreppe aus weißem Eternenmarmor hinauf.
Auf dem oberen Treppenabsatz begrüßt sie, an der Spitze einiger Lakaien, alle in Blau, Rot und Messing uniformiert, eine ungewöhnlich attraktive Mittvierzigerin, alanfanisch geschminkt, mit hochgestecktem schwarzem Haar und mit einem prächtigen goldenen Schlüsseln am Gürtel: “Willkommen im Namen Seiner Allerzwölfgöttlichsten Majestät. Ich bin Hofmarschallin Argiope Paligan von Gareth. Darf ich die geschätzten Herrschaften um Ihre Namen bitten?”
Nachdem ein Schreiber eine umfangreiche Liste geprüft hat und nickt, wendet die Hofmarschallin sich wieder den Helden zu: “Wenn ich die Herrschaften hier entlang bitten darf.”

Die Hofmarschallin führt die Helden durch das große Eingangstor in den Palast. Hinter dem Doppelportal liegt eine Säulenhalle, dahinter führen einige Stufen in den ersten großen Saal.
Als die Gruppe die Säulenhalle betritt wird sie von den bereitstehenden Herolden mit Fanfarenstößen begrüßt.
Der Wappenkönig, Vogt Gerwulf von Pallingen, kündigt sie sofort mit lauter Stimme an. Während dieser kleinen Zeremonie stehen weitere Lakaien bereit, um Umhänge und andere Kleidung in die links und rechts liegenden Garderoben zu schaffen. Für abgegebene Kleidung erhalten die Helden ein Stoffstückchen mit einem Drucksymbol zur Wiederausgabe.
Danach betreten die Helden die Prunkräume und Säle des Schlosses.

Vor ihnen liegt eine unübersehbare Flucht von Sälen und Korridoren mit sechs Schritt hohen Decken, erleuchtet von Kronlüstern mit Hunderten von Kerzen und mannshohen vergoldeten Kandelabern. Manche Räume sind auf halber Höhe von einer umlaufenden Galerie gesäumt, die auf Arkadenbögen ruht.
Hunderte von vornehm gekleideten Menschen drängen sich durch die Räumlichkeiten, stehen in Gruppen zusammen oder beobachten abseits des Gedränges. Das beständige Gemurmel erinnert an einen Bienenschwarm, von irgendwo her dringt Marschmusik. Ein Kaleidoskop wundersamer Düfte weht Euch entgegen.
Die Blumendekoration ist verschwenderisch und die Wände sind kunstvoll dekoriert: Gemälde und Kupferstiche wechseln mit Fresken und Wandteppichen ab. Die Böden sind mit poliertem Marmor, spiegelndem Parkett oder mächtigen Tulamidenteppichen bedeckt.
Die einzelnen Säle werden durch riesige Türen verbunden, mit je zwei Lakaien daneben, die – sofern die Türen nicht ohnehin geöffnet sind – die Türschnallen in Kopfhöhe mit Samtkordeln bewegen. Zuweilen führen auch Treppen aus Marmor in höher liegende Halbstockwerke.
Wieder stehen Löwengardisten an den Fuß- und Kopfenden der Treppe, in den Korridoren als Doppelposten im Abstand von 10 bis 20 Schritt und auch in Sälen an der Wand.
Auf den breiten Korridoren ist die Stimmung rondrianisch und sporenklirrend, man trägt hohe Reiterstiefel, Wappenhemden und Kaiser-Alrik-Schnauzbart, und da ist kaum einer, der nicht ein echtes Schwert an der Hüfte trägt. Man hört Schlagworte wie “Albernischer Parlamentarismus”, “Aranische Rebellion”, “Gesamtsicherung der Orkgrenze”, vor allem aber “Vinsalter Größenwahn”.
Ballkleider wie Ballhosen sind gewagt geschnitten, um die Rahjafrüchte der Damen und Herren zu betonen, Schmuck und Kleinodien dagegen werden eher dezent getragen.
Im Großen Ballsaal mit den Mosaiken schreiten die Gäste gerade zur Puniner Polonaise. Der elfische Zeremonienmeister Eolariel Zirilion Silbersee gibt bereits vorsorglich die darauf folgenden fünf Tänze bekannt. Die Hofbarden beginnen, auf einem havenischen Cembalo, einer Harfe, Flöten, Maraskolinen und Streichgeigen zu spielen, und die ersten Tänzer setzen sich in Bewegung.
Im Almadaner Saal mit den Kaiserstandbildern spielt das Musikbanner des 1. Kaiserlich-Königlich Garethischen Prinzengarde-Regimentes auf, der Ragathsky-Marsch dröhnt mit Ferdoker Fanfaren, Zwercher Trommeln, Pauken und Trompeten bis auf die Korridore hinaus.
In der Zwölfgötterhalle begleitet ein der Barde Gilmor von Lautenherz, der König der Barden und Barde der Könige, auf einer echten Vardari-Laute sein Meisterwerk “Die Verschwörung von Gareth”, in der er den answinistischen Mordanschlag auf den jungen Reichsbehüter und seine Vereitelung durch einige Helden schildert. Im Spiegelsaal mit dem im Parkett eingelegten kaiserlichen Wappen und den sechszehn übermannshohen Spiegeln treten der Kaiserliche Hofnarr Flarach der Schelm und einige der besten Gaukler Aventuriens auf.

Die Helden flanieren durch die Ballsäle, dabei begegnet Alawin dem Meister des Bundes der Senne Mittellande, Wallmir Giselliglava von Styringen. Dieser ist hoch erfreut über Alawins Noviziat im Dienste Rondras.
“Der Ruhm eurer Taten ist bereits jetzt so groß, daß er in den Geschichtsbüchern der Gelehrten und den Gesängen der Barden die Jahrhunderte überdauern wird. Ihr seid wahrhaft von den Göttern auserwählt.”
Er fragt ob die Helden schon der Vorladung zum Schwert der Schwerter, Dragosch Corrhenstein von Sichelhofen, gefolgt sind und ermahnt sie dies bei nächster Gelegenheit nachzuholen. Die Aufnahme in die Ruhmeshalle im Tempel der Heiligen Ardare in Arivor ist eine der höchsten Ehren der Kirche.

Praiala trifft auf Arrius von Wulfen, einen jungen Praioten und Hauptmann der Sonnenlegion der mit ihr das Tanzbein schwingt.
“Ich bewundere euren Kampf für die göttergewollte Ordnung und die Freiheit der Menschen. Euere Taten in der Schlacht auf den Silkwiesen und die Befreiung von Greifenfurt zeigen deutlich aus welchem Holz ihr geschnitzt seid.”, lobt er die Helden.
Der Lob ist tatsächlich nicht nur hohle Worte, stammen sie schließlich aus dem Mund jenes tapferen Sonnenlegionärs der den heldenhaften Widerstand der Garether Bürger gegen den Tordochai-Überfall während der Schlacht auf den Silkwiesen organisierte und selbst dem Feind vor den Toren mit der Waffe in der Hand entgegentrat.
Dieser mutige Einsatz und die Schwäches des Prinzen für Heldenmut ließen ihn zum wahrscheinlich jüngsten Anwärter auf die Position des kaiserlichen Hofkaplans des Praios aufsteigen.
Beim Gespräch während des Tanzes erfährt Praiala, dass Arrius von Wulfen die hilberianisch-neopraiotischen Ideen vertritt, die die Gerechtigkeit in den Vordergrund stellen und eine Rechtsordnung anstreben an die auch der Adel gebunden ist.

Unterdessen spricht eine junge, hübsche Hofdame den maraskanischen Magier, Tejeran, an. Er erinnert sich an sie, denn er hatte mit ihr auf dem Eröffnungsball des Hoftags im letzten Winter ein Stelldichein als er nach Personen bei Hofe suchte die den Barden Odilbert kannten.
Die Dame, ihr Name ist Sylvette, ist Mitglied des Hofstaats von König Cuanu ui Bennain von Albernia und verblieb als enge Vertraute von Königin Emer nach dem Hoftag im Kaiserpalast.
“Ihr habt euch wahrhaft einen Namen gemacht”, spricht sie Tejeran ihre Anerkennung aus. “Viele einflussreiche Personen bei Hofe kennen eure Namen.”
Sie fordert den Zauberer zum Tanz und so schreiten beide zur Polonaise. Unglücklicherweise unterschätzt der Magier die schwungvollen Drehbewegungen seiner selbst und der jungen Dame und so gleitet er auf dem spiegelnden Parkett aus und bringt im Sturz auch noch einen weiteren Tänzer zu Fall.
Die Kapelle spielt weiter und im weiten Saal haben nur die direkt Umstehenden den Unfall bemerkt und etwas Platz geschaffen.
Sofort rapptelt der Magier sich auf und hilft dem Gestürzten, einem älteren Herren. Kreidebleich stellt er fest, dass es Baron Dexter Nemrod war, den er unbeabsichtigt, gewaltsam zu Fall gebracht hatte. Der Baron von Ulmenhain, Großreichsgeheimrat und Leiter der KGIA ist wahrscheinlich der gefährlichste Mann im ganzen Neuen Reich. Wie der Magier gehört hat stellt er sein Ziel, das Wohl des Kaiserhauses, über jegliche anzuwendende Mittel. Dies war angeblich auch der Grund warum er vom Amt des Großinquisitors zurücktrat, welches nun durch den zum Bannstahlerorden gehörigen Rapherian von Eslamshagen ausgefüllt wird.
Mit einem knackenden Geräusch richtet der Großreichsgeheimrat seinen verrenkten Nacken und ist bemüht Würde und Form zu wahren.
Tejeran atmet erleichtert als Dexter Nemrod ihn ob seines Fehltritts nicht zurechtweist sondern ihn höflich begrüßt und den Unfall diskret überspielt.
“Meinen Glückwunsch zu eurer selbstlosen Initiative bei der Vereitelung des Giftmordes am Reichsregenten”, lobt er. “Ihr habt schnell, entschlossen und taktvoll gehandelt und das Reich vor einer schweren Krise bewahrt.”
Mit einem unüberhörbar tadelnden Unterton fährt er fort: “Im Gegensatz zu eurem Kampf in Greifenfurt ist eure Arbeit bei der Nachforschung der Geschichte der Stadtheiligen jedoch etwas unprofessionell verlaufen, findet ihr nicht? Mir scheint Oberst Marcian hat das Vorgehen in Greifenfurt mehr gelenkt als ihr es geschildert habt.”
“Der Regent schwärmt, wie sein Schwiegervater, für Heldenmut und Ritterlichkeit. Ich hoffe ihr habt genug Erfahrung um zu wissen, dass manchmal auch unpopuläre Entscheidungen gefällt werden müssen um den größeren Wohl zu dienen”, spricht er warnend bevor er sich erneut seiner Gemahlin Ailyne zum Tanz zuwendet.

Sylvette scheint von dem Vorfall nicht verunsichert und als Tejeran vorschlägt eine Erfrischung einzunehmen begeben sich die beiden in den nächsten Saal und genießen besten Yaquirtaler Bosparanjer, einen Almadaner Schaumwein, aus kristallenen Gläsern.
“Sagt, was bewegt euch? Was gibt euch den Mut euch dem Feind zu stellen und woher nehmt ihr die Weisheit den rechten Weg zu erkennen?”, fragt die Hofdame und lenkt die Schritte des Zauberers weg vom Gedränge in den weniger Frequentierten Ostflügel der kaiserlichen Residenz.
“Man erzählt sich ihr seid kürzlich auf Maraskan gewesen.
Ich habe viel über die Insel, deren prächtige Fauna und Flora und ihre stolzen Bewohner gehört.
Eines Tages möchte auch ich die Wunder Maraskans sehen.
Leider ist mein Platz hier bei Hofe und so kann ich nur den Geschichten und politischen Debatten der Fürsten und Abgesandten lauschen wenn sie über Maraskan erzählen.”

Sie öffnet die Tür zu einem leeren Privatsalon mit Spielbrettern für Garadan, Rote und Weiße Kamele, Brücke von Jergan, Pentagramm und vielen anderen Brettspielen. Bequeme Kissenlandschaften laden zum Verweilen ein und der Duft frischer Blumen liegt in der Luft.
Die Beiden ziehen sich in den Privatsalon zurück, sprechen über Maraskan und die kaiserliche Politik in Bezug auf die Insel, trinken vom erlesenen Wein und genießen die Zeit miteinander.
Einige Zeit später flanieren sie durch die Kaisergalerie als Tejeran bei einem der Gemälde stehenbleibt.
Das Meisterwerk ‘Rohal der Weise‘ von Golodion Seemond zeigt Rohal, der gütig von seinem Thron auf den Betrachter hinabschaut. In seinen Händen hält er den Stein der Weisen und wirkt so real als könne man in das Bild hineingreifen und ihn tatsächlich berühren.
“Golodion Seemond war einst Garether Hofmaler und wird seit zwei Jahrhunderten als der berühmteste Maler Aventuriens anerkannt”, erklärt Sylvette. “Seine Bilder sind von spezieller Magie durchwoben, die das Dargestellte so lebensecht zeigt, dass es sich sogar zu bewegen vermag.
Ein weiteres Meisterwerk des großen Malers ist der ‘
Eichenkönig‘ im Hotel Seelander.”
Tejeran nimmt sich etwas zeit um das Werk auf sich wirken zu lassen und es mit einem ANALYS zu untersuchen.
Schließlich begibt er sich jedoch wieder zurück zu seinen Gefährten in den Großen Ballsaal.

Unterdessen kommt, mitten im Trubel all der vornehmen Herrschaften, plötzlich ein kleines Mädchen, etwa im Pagenalter und prachtvoll in rot-gold-blauem Samt gekleidet, auf die Helden zugesprungen und fragt Alawin: “Habt Ihr den Herrn von Sturmfels gesehen?”
Der Krieger ist einen Moment verwirrt und zögert, denn er weiß nicht recht von wem die Rede ist.
Kurz darauf taucht ein zweites Mädchen auf, das dem Ersten zum Verwechseln ähnlich sieht, aber deutlich stiller und nachdenklicher ist, und kurz darauf eine junge Gouvernante, dezent bemüht, die beiden Kinder ein wenig zu Ruhe anzuhalten.
“Tut mir leid, Kleine, ich weiß es nicht”, antwortet er und sogleich erläutert die Gouvernante hilfreich: “Ihr müßt Euer Allerdurchlauchtigste Hoheit sagen …”
Sein Gefährte Dariyon, der erkannt hat wer die Mädchen sind, flüstert ihm zu: “Die Anrede ist tatsächlich angebracht: Die zwei kleinen Zwillingsmädchen sind die Kronprinzessinnen des Reiches.”
Während sich die Mädchen kichernd ein anderes Opfer für ihre Späße suchen spricht die Helden ein in kostbare Gewänder gekleideter Mann an.
“Die Stillere der beiden Kronprinzessinnen heißt Rohaja – nach Rohal dem Weisen – und wurde auf dem kaiserlichen Hoftag zur zukünftigen Kaiserin bestimmt.
Die Wildere heißt Yppolita. Übrigens war ihr Urgroßvater Fürst Halman ui Bennain von Albernia, der auch Vater der Amazonenkönigin Yppolita war.
Die Prinzessinnen genießen gerade das letzte Jahr ihrer Kindheit.
Endes diesen Jahres werden die Beiden ihren siebten Geburtstag feiern und dann Paginnen werden.”

Er stellt sich als Graf Oldebor von Weyringhaus vor, Burggraf von Kaiserlich Raulsmark und Stadtvogt von Neu-Gareth.
“Bei den Spießbürgern seid ihr schon zu einer Art Idole geworden. Euer selbstloser Kampf um das Wohl der Garether Bürger ist ein strahlendes Vorbild für uns alle”, lobt er die Helden für ihre Taten in der Großstadt.
“Ich habe euch übrigens beim Turnier streiten sehen. Alles Gute und den Segen der Zwölfe für euren Sieg.”

Idra, die selbst nach einem Tanzpartner ausschau hält, erblickt einen Mann den sie beim Turnier des Hoftags kämpfen sah. Obwohl sie sich nicht entsinnen kann wie sein Name war, erinnert sie sich, daß er ein außerordentlich guter Schwertkämpfer ist, beim Lanzengang jedoch eine eher durchschnittliche Figur machte.
“Hocherfreut, Baron Ungolf vom Berg auf Berg”, stellt er sich vor als sie ihn zum Tanz auffordert.
Wie sie herausfindet ist Baron Ungolf nicht nur das Familienoberhaupt des Hauses vom Berg, einem alten Adelsgeschlecht aus der Landgrafschaft Gratenfels im Kosch, sondern zudem Kommandant der Panthergarde, der persönlichen Leibgarde der Kaiserfamilie.
“Bei eurer Aufdeckung des Komplotts und versuchten Giftanschlags auf den Prinzen habt ihr dem Reich einen großen Dienst erwiesen. Der Regent hat nun auch eingesehen, dass auch er seine Speisen immer vom kaiserlichen Mundschenk vorkosten lassen muss. Der Schutz des Prinzen und seiner Familie ist der wichtigste Garant für den Frieden im Reich. Falls euch Verdächtiges auffällt, den Hof betreffend, scheut euch nicht euch direkt an mich zu wenden”, erklärt er Idra während sie das Tanzbein schwingen.

Plötzlich geht ein Raunen durch die Menge, und die Gäste bilden respektvoll ein Spalier. Direkt auf die Helden zu kommt eine der schönsten Frauen, die sie jemals gesehen haben: Ihr blondes Haar ist prunkvoll aufgesteckt und trägt eine rubinbesetzte Krone. Sie hat große, braune Rehaugen und einen vollen, roten Kirschmund. Sie trägt ein rauschendes blauweißes Atlaskleid mit einem faszinierenden Dekoltee. Ihre Bewegungen sind graziös und kraftvoll, und ein sanfter Duft von Flieder umgibt sie.
Im Gefolge der Dame sehen die Helden eine Gouvernante mit einem nicht ganz vierjährigen Knaben sowie zwei Gardistinnen mit Pantherwappen.
“Königin Emer von Garetien, Gattin des Kaiserlichen Regenten, König Brin, und Tochter des Königs von Albernia, Cuanu ui Bennain”, raunt Alawin, der zu einer tiefen Verbeugung ansetzt.
Ihr Sohn, Prinz Selindian Hal, ehemals als Thronerbe gefeiert, ist seit dem königlichen Hoftag nur nach der Dritte in der Thronfolge.

Dann beginnt das Musikbanner des Prinzengarde-Regimentes die Reichshymne zu spielen, und, von der Westseite beginnend, gehen alle Anwesenden der Reihe nach in Kniefall oder Hofknicks. An der Spitze von fünfzig oder sechzig Gefolgsleuten erscheint, huldvoll nach beiden Seiten grüßend, der Kaiserliche Regent, Prinz Brin. Er hat einen Kaiser-Alrik-Schnauzer und Vollbart, auf dem halslangen, dunkelblonden Haar ruht die goldene Krone. Er trägt den kleinen Krönungsmantel in Rot-Gold-Blau mit Hermelinbesatz, dazu Szepter, Greifenkugel und Siegelring. Gekleidet ist er in einem Wappenrock mit Füchsen und Greifen, enge Hosen mit eingesetztem Schrittstück und schenkelhohe Reiterstiefel mit goldenen Sporen. Vor dem Regenten geht nur noch ein Knappe, der auf einem roten Samtpolster eine prunkvollere Krone präsentiert.
Die Männer der Panthergarde, insgesamt 50 Leibgardisten, verteilen sich mit Wehrheimer Präzision im Saal während der Regent ständig von seinen Günstlingen, einem Schwarm kriegerischer, auffallend respektloser, junger Barone umgeben ist.
Die Helden möchten sich vorstellen um zu erfahren welcher Umstand ihnen die Ehrer zuteil werden ließ, die Einladung zu erhalten, doch erwidert der Prinz ihren Gruß mit der gebührenden Anrede nur mit einem Kopfnicken während er von den ihn umgebenden wichtigtuerischen Hofschranzen bestürmt wird.
“Eure Majestät, was den Vorstoß bei Baliho angeht … “, spricht ihn ein junger Baron an und wird bereits von einem anderen unterbrochen: “Eure Kaiserliche Majestät, mit Verlaub, darf ich noch einmal daran erinnern … “, hechelt ein Junker.
“Wie recht Ihr habt, Euer Majestät! Übrigens: Wie ich schon auf den Silkwiesen vorschlug … “, fällt ihm bereits der nächste junge Baron ins Wort.
Die Helden erkennen, dass sie die Aufmerksamkeit des Prinzen nicht erlangen werden sofern sie sich nicht auf das selbe Niveau herunterlassen und geben sich damit zufrieden den Regenten gesehen und gegrüßt zu haben.

“Die Wirren des letzten Jahrzehntes – die Tausend-Oger-Schlacht, die Answin’sche Usurpation und der Zweite Orkensturm – haben viel neues Blut in den mittelreichischen Adel geschwemmt”, erklärt ganz beiläufig eine Edle die sich ganz unbeobachtet neben Idra gestellt hat.
“Hocherfreut sie kennenzulernen euer Wohlgeboren, euer Ehrwürden, wohlgelehrte Herren. Baronin Elea von Ruchin mein Name”, stellt sie sich den anderen Helden vor. “Geschichten über eure Abenteuer werden von den Barden schon im ganzen Reich erzählt. Mögen die Götter euch für eure Taten mit einem Schatz belohnen.”
Als sie dann mit Tejeran zum Tanz schreitet flüstert Idra ihren Gefährten zu, dass Elea von Ruchin nicht nur die Zahlmeisterin des Kaiserhofes sondern zudem die heimliche Hofkaplanin des Phex ist und so im verborgenen über die Finanzgeschäfte des Reiches wacht.

Praiala, die sich eine Erfrischung holt, trifft im Almadaner Saal auf Rapherian von Eslamshagen, den amtierenden Großinquisitor. Er machte sich in der Praioskirche vor allem durch sein kompromissloses Auftreten und radikale Bekämpfung des Unrechts einen Namen und es steht zu erwarten, daß die Heilige Inquisition unter seiner Führung offensiver vorgehen wird als unter dem Großreichsgeheimrat Dexter Nemrod.
Die junge Inquisitorin stellt sich höflich vor und stellt zu ihrer Verwunderung fest, dass sie dem Großinquisitor bekannt ist und mit aufmunternden Worten bedacht wird.
“Die Inquisition braucht Menschen wie euch, die gewillt sind mit dem Licht in der Hand ins Dunkel zu ziehen um jene zu finden die in der Dunkelheit Frevel und Ketzerei predigen. Ihr seid auf dem rechten Weg, lasst euch nicht von Politik und schönen Worten einwickeln sondern folgt dem Wort des Herren.”

Unterdessen trifft Alawin im Großen Saal auf eine junge, hübsche Hofschreiberin die ihn mit allen Mitteln der Kunst umgarnt.
“Oh, der Befreier von Greifenfurt, Retter des Prinzen und Finder des Löwenschwertes, Alawin von Rabenstein.
Was für eine außerordenliche Ehre!
Ich habe euch beim Lanzengang gesehen, welch’ eine Pracht.
Man sagt ihr werdet das Turnier gewinnen.”
Der Krieger trinkt ein Glas mit ihr und bei einem Tanz merkt sie, dass er sich auf dem Parkett nicht ganz so wohl fühlt.
“Ist euch der Rummel hier nicht auch zu viel?”, fragt sie. “Habt ihr gewusst, dass, im Kaiserlichen Garten die uralte Blutulme Argareth steht? Der Baum der der Kaiserstadt ihren Namen gab. Er ist älter als das tausendjährige Neue Reich und stammt noch aus der Zeit als der Mittwald noch das Herz des Kontinents bedeckte.”
Sie schlendern zu einem der Seitenausgänge in die Schlossgärten wo sich die Besucher zwischen perfekt gepflegten, mannshohen Rosenhecken verlieren und vorbei an Springbrunnen und Marmorstatuen lustwandeln.
“Jener Urwald”, erklärt sie, “war von starker elementarer Magie durchflossen und erstreckte sich vom Pandlaril, einem Fluss in Weiden, bis an die Höhen Caldaias, das ist das Hochland zwischen Garetien und Almada. Der heutige Reichsforst stellt jenen geheimnisvollen Teil des Mittwalds dar der der Rodung mit seinen urtümlichen Kräfte bis heute trotzt.”
Sie erreichen die mächtige Blutulme die der Legende zufolge mehr als tausend Jahre alt sein soll und dennoch groß und kraftvoll und in voller Blüte steht.
“Wusstet ihr”, fragt die gelehrte Dame, “dass die Blutulme Argareth den Mittelpunkt Aventuriens markiert? Alle Derographen und Landvermesser richten ihre Arbeit nach ihr aus.”
Der Krieger lässt sich gerne ein wenig von der Dame verführen, flirtet mit ihr und genießt es einmal nicht in einer stählernen Rüstung zu stecken.
Als sie sich in einem Lusthaus im kaiserlichen Schlossgarten niederlassen fragt sie: “Ihr wart gerade einige Zeit fern von Gareth unterwegs. Wohin hat euch euer Weg geführt? Was habt ihr erlebt?”
Alawin erzählt von seinen Abenteuern und von ihrer Expedition auf der Insel Maraskan.
Als er später zu seinen Gefährten zurückkehrt erfährt er, dass es sich bei seiner Bekanntschaft um die Korrespondentin des Aventurischen Boten am Kaiserhof handelt.

Am späten Abend tritt ein Mann mittleren Alters in blauer, mit Symbolen bestickter Seidenrobe, mit einem Stirnband und mit kurzem, mit Wachs gesteiftem Vollbart an die Helden heran und grüßt ehrerbietig: “Gestattet, ich bin Magister Melwyn Stoerrebrandt, der Dritte Hofmagus. Ich darf Euch im Namen des Kaiserreiches zu einer Seance des Geheimen Ordens vom Schwarzen Auge von Punin bitten …”

Die Helden rufen sich in Erinnerung was sie über den Orden gehört haben.
Idra erinnert sich, dass man sich in den Straßen Gareths von einem geheimen Beraterkreis des Kaisers erzählt, in dem Weise und Gelehrte sitzen sollen. Sie können mit einem Schwarzen Auge alles sehen, was in Aventurien vor sich geht.
Der Orden vom Auge, so haben Dariyon und Tejeran es gelernt, ist ein Zirkel von Beratern des Kaisers des Mittelreichs, der insbesondere in wissenschaftlichen, magischen und geheimen Belangen zu Rate gezogen wird. Er waltet diskret im Hintergrund, nur gelegentlich greifen vom Orden angeworbene Spitzel und Söldner dort ein, wo die Sicherheit des Reiches in Gefahr ist. Wichtigstes Instrument und Symbol der Gemeinschaft ist das legendenumwobene Auge des Morgens, ein Schwarzes Auge, mit dem man an ferne Orte blicken kann.
Der Orden wurden während der Friedenskaiserzeit gegründet, ausgelöst durch die Schenkung des Schwarzen Auges durch tulamidische Weise. Ursprünglich dazu gedacht, den Kaisern unauffällige Hilfe auf dem Weg zu weisen Entscheidungen zu sein, ist der Titel einer Geheimen Weisheit heute längst öffentlich. Auch zum Hochmeister des Ordens wird seit Kaiser Alrik traditionsgemäß der Kaiser des Neuen Reiches bestimmt.
Der Wahlspruch des Ordens lautet: “Oculus videt, caput cogitat” (“Das Auge sieht, der Kopf denkt.”)
Böse Zungen behaupten der Großreichsgeheimrat hätte den Spruch getätigt: “Das Auge sieht, der Kopf denkt, die Hand lenkt. Der Orden ist das Auge des Reiches. Manchmal der Kopf. Und hin und wieder muss er zur Hand werden.”
Praiala fällt ein, dass sie das Wappen des Ordens auf einem Brief in der Schreistube von Praiodan von Luring gesehen hat: ein Schwarzes Auge, getragen von Greif und Einhorn als Wappenhaltern.

Die Helden folgen der Einladung und so führt sie der Dritte Hofmagus durch lange Korridore mit vereinzelten Lakaien und Gardisten in den Ostflügel und über ein Treppenhaus ins erste Stockwerk. Hinter einer rötlichen Tür aus Blutulmenholz liegt ein holzgetäfeltes Kabinett mit leicht magischem Ambiente.
Das Ulmenkabinett des Kaiserhofes, durchfährt es die Magier.
Kreisförmig stehen mit rotem Samt bezogene, einfache Lehnstühle, auf denen sich nach und nach über 20 Personen ohne größere Förmlichkeiten niederlassen.
Einige davon erkennen die Helden als magische Prominenz.
Auch Raidri Conchobair, der Schwertkönig, ist unter den Anwesenden.

Virilys Eibon von Rohals Zinne, Erster Hofmagus, Spektabilität des Seminars der Verständigung und Heilung zu Donnerbach, Convocatus des Bundes des Weißen Pentagramms. Der Titelzusatz “von Rohals Zinne”, so haben die Helden gehört, sowie das entsprechende Lehen und Wappen stehen traditionell dem Ersten Hofmagier des Mittelreichs zu. Dies ist der Ort an dem der Erzmagier Rohezal lebt. Virilys Eibon war bereits Hofmagier und Gespiele von Kaiserin Cella und wurde unter Kaiser Reto durch Gaius Cordovan Eslam Galotta in dieser Position ersetzt. Erst nach dessen Verbannung unter Kaiser Hal wurde Virilys Eibon erneut Erster Hofmagier. Der halbelfische Zauberer müsste eigentlich über 100 Jahre alt sein, wirkt aber jugendlich.

Chiranor Feyamun, Zweiter Hofmagus, ein begnadeter Antimagier und Hofastrologe von der Akademie der Magischen Rüstung zu Gareth, ebenfalls Convocatus des Bundes des Weißen Pentagramms. Er ist angeblich einer der wenigen Zeugen von Kaiser Hals Verschwinden im Bornland.

Melwyn Stoerrebrandt, Dritter Hofmagus, Illusionist von der Schule des Seienden Scheins zu Zorgan sowie Luft-Elementarist der Pentagramm-Akademie in Rashdul. Er ist der Vater von Chrysallia Stoerrebrandt, der Hesinde Geweihte aus dem Pentagon Tempel welche die Helden kennengelernt haben. Seine Ähnlichkeit mit dem Familienoberhaupt Stover Regolan Stoerrebrandt ist unübersehbar.

Racalla von Horsen-Rabenmund, Spektabilität der Akademie der Magischen Rüstung zu Gareth ist bekanntermaßen eine der großen Stützen des Reiches. Selbst ihre Verschwägerung mit der Familie des Thronräubers Answind von Rabenmund konnte ihr angesichts ihrer unbestreitbaren Kompetenz als Anti- und Kampfmagierin nicht schaden.

Thiron von Uckelsbrück, Spectabilitas minor unter Racalla von Horsen-Rabenmund, Magister Magnus der Akademie der Magischen Rüstung zu Gareth. Er ist mit Haldana von Luring-Uckelsbrück verheiratet, der Magistra ordinaria contraria an der Akademie der Magischen Rüstung.

Praiodane Almira Werckenfels, Spektabilität des Kaiserlich-Garethischen Informations-Institutes zu Rommilys, ist wahrscheinlich die gefürchtetste Hellseherin des Neuen Reiches. Das Informations-Institut arbeitet eng mit der KGIA zusammen und handelt im Auftrag des Kaiserhauses im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten absolut skrupellos.

Unter all den festlich gekleideten Magiern fällt noch ein kleiner wie ein reicher Händler gekleideter Mann auf.
Und schließlich tritt – ohne jedes Gefolge – Seine Kaiserliche Majestät König Brin ein, der, wie es scheint, zum ersten Mal an einer derartigen Seance teilnimmt.

Als erwartungsvolle Ruhe eingekehrt ist, macht König Brin eine einladende Geste zu Magister Melwyn Stoerrebrandt, der daraufhin erläutert:
“Der wesentliche Grund für diese außerordentliche Seance des Ordens ist ein magisches Artefakt, das das Handelshaus Stoerrebrandt dem Orden zum Kauf anbietet. Das Objekt wurde von einer Expedition unter Erzmagier Rakorium entdeckt und als der Ring des Satinav identifiziert. Die Ordensmitglieder wurden versammelt, um ihr Urteil betreff allfälligen Erwerbs abzugeben. Die weiteren Herrschaften wurden eingeladen aufgrund ihrer Teilnahme an der Expedition und Kunde aus erster Hand. Als Vertreter Herren Stoerrebrandts agiert Herr Dalbert Gursammen vom hiesigen Kontor.”
Auf diese Vorstellung tritt ein kleiner, mopsiger Mann in feinstem Tuch und Pelz mit der typischen Bürgermütze vor, präsentiert eine geöffnete elfenbeinerne Schatulle und erklärt dazu in breitem bornländischem Akzent: “Bei dem zum Verkauf stehenden Objekte handelt es sich um einen einfachen Reif von einer Handspann Durchmesser. Das Material wurde von Spektabilität Rakorium als Mindorium identifiziert. Einzige Bearbeitung ist eine feine Gravur in Bosparano, die übersetzt lautet: ‘Für die größten Helden des Zeitalters’.”
Der Reif, er hat einen Handspann Durchmesser, ist nicht ganz einen Finger breit und wiegt nur etwa 5 Unzen. Umlaufend auf der Außenseite findet sich die Gravur. Das Material ist ein mittelstarkes Blech eines silbernen Metalles, in dem sich das Licht regenbogenartig reflektiert. Die Helden erkennen es ganz eindeutig als Mindorium, einem sehr seltenen, magischen Metall, dass von Zauberern gerne zur Erschaffung von Artefakten verwendet wird, da es die Zauberkraft leichter aufnimmt als andere Materialien.

Spektabilität Werckenfels vom Informations-Institut präsentiert ein Schriftstück: “Die beigefügte Expertise stammt vom Erzmagier Rakorium Muntagonus, Spektabilität der Halle des Quecksilbers in Festum. Bekanntlich ist er nicht nur Hüter des sagenumwobenen Kelches der Magie, des Schlüssels zur Beschwörung des Schwertes Siebenstreich, sondern ist auch Bewahrer der ‘Enzyklopaedia Sauria’ und führender Experte auf dem Gebiet der Echsenmagie, wenn auch nicht unumstritten. Ich erinnere nur an seine paranoiden Warnungen vor den schlafenden Göttern der Echsenmenschen (Allgemeines Gelächter) und seine fast ketzerischen Traktate über Hesinde und Tsa.
Sei es wie es sei, Rakoriums jüngste Expedition galt dem Ring des Satinav. Laut ‘Etherisches Geflüster’ von 253 v.H. – der einzigen relevanten Erwähnung dieses Artefaktes – soll der Ring Symbol und Quelle der Macht Satinavs sein, doch soll ihn der vielgehörnte Wächter der Zeit während der dunklen Zeiten verloren haben, und es soll von kosmischer Bedeutung sein, den Ring vor dem Zugriff der Schüler borbarads zu bewahren.
Jedenfalls hat Rakorium das vorliegende Artefakt vergangenes Jahr in Maraskan gefunden …”

Da grollt König Brin dazwischen: “Wie kommen die Bornländer dazu, heimlich eine Expedition auf Maraskan zu veranstalten? Kaum ist der Löwe ein Jahr krank, wildern die Wölfe durch sein Revier. – Nun gut, weiter …”

“… in Maraskan gefunden und nach eingehender Untersuchung als unbrauchbar zur Bestätigung seiner Theorien befunden. Mir ist allerdings noch nicht ganz klar, wie das Handelshaus Stoerrebrandt in den Besitz des Artefaktes gelangte.”
Darauf dienert Dalbert Gursammen mit kleinem Lächeln: “Nun, die Expeditionen des Erzmagiers übersteigen seine Möglichkeiten bei weitem, und die Finanzierung durch Herren Stoerrebrandt beruht bereits seit über 20 Jahren auf gewissen Arrangements, die über den Besitzer bedeutender Fundstücke keinen Zweifel lassen.”

Spektabilität Werckenfels: “Allerdings kann ich mich an keine einzige Erwähnung des Ringes des Satinav im bekannten Schriftentum der Borbaradianer erinnern. Ich habe die betreffenden Bücher, unter anderem ‘Borbarads Testament’, aus den Bleikammern von Rommilys mitgebracht, damit sie der Orden studieren kann. Die Beschäftigung mit diesen Schriften ist natürlich laut ‘Codex Albyricus’ verboten, aber ich denke, daß wir in dieser Angelegenheit mit einem Dispens vom Collegium Canonikum rechnen können.”

Virilys Eibon, Erster Hofmagus: “Ehe wir zu einer Untersuchung schreiten, möchte ich daran erinnern, daß wir nach wie vor mit schwarzmagischen Anschlägen durch meinen unseligen Vorgänger Galotta rechnen müssen – insbesondere bei Anwesenheit seiner Kaiserlichen Majästet.”

Nachdem der Reichsregent von den Hofmagiern mit etlichen Schutzzaubern vor feindlicher Magie geschützt wurde bereiten die Mitglieder des Ordens sich für die Seance vor.
Tejeran und Dariyon bieten sich an zu unterstützen, immerhin haben sie beide profunde Kenntnisse sowohl in der benötigten Vereinigung von Zauberkraft zu einem Geistesbund als auch in der magischen Analyse. Ihre vorangegangene Teilnahme an der Untersuchung des Artefaktes zusammen mit Erzmagier Rakorium und Spektabilität Khadil Okharim bringe zudem große Vorteile beim Erkenntnisgewinn.

Die Mitglieder des Ordens willigen ein und nehmen das Angebot der Helden an. Beide Magier bekommen ein Platz zugewiesen und nehmen am UNITATION teil. Virilys Eibon, der den Bund führt, leitet den ANALYS ARCANSTRUKTUR ein, bündelt die Hellsichtmagie der gesamten Seance und fokussiert den Ring des Satinav. Für einige lange Minuten tauchen die Bundteilnehmer in tiefe Konzentration. Sie nehmen die magischen Wirkungsmatritzen, das aller Zauberei innewohnende Gewebe aus den Fäden und Bahnen der Kraft, in dem magischen Artefakt so deutlich wahr wie sie es noch nie gesehen haben.

Als sie ihre Untersuchung beendet haben erklärt Virilys Eibon schließlich: “Der Ring beherbergt zwar nur einen biphonischen Cantus, jedoch infinitisiert.
Bemerkenswerterweise handelt es sich beim Ersten um eine der verschollenen Sieben Formeln der Zeit.
Ausgelöst wird diese von einem Nodix Causalis der mittels des zweiten Cantus, einer Clairobservantia Qualitatis, perzipiert wird.
Dieses Phänomen wurde von Niobara von Anchopal in ihrem Werk ‘Astrale Geheimnisse’ erstmals disquirirt, ist aber im Collegium non nemine contradicente.
Der These der Seherin zufolge seien Globuli, sīc erat scriptum Sphärologia Rohalensis inter alia etiam Tertia, fest in der Vergangenheit, aber unbestimmt in der Zukunft.
Jene Nodices Causali die gehäuft um bedeutende Ereignisse der Weltgeschichte entstehen verursachen die Abspaltung von sogenannten Parallelwelten, die jedoch, in opere citato, meist schnell nach ihrer Divergenz wieder vergehen. Id est stellt der Ring …”

König Brin unterbricht unwirsch: “Ja, ja, gut, was heißt das ganze Magierbosparano nun?”

Virilys Eibon: “Vermutlich lassen sich mit Hilfe des Ringes bedeutende Geschehnisse der Weltgeschichte verändern sofern sie noch nicht zu lange zurückliegen. Wenn dies stimmt wäre der Ring von unschätzbarem Wert.”

Plötzlich dringt ein hellblauer Lichtschein aus der Mitte des Ringes, eine Art Säule, die aber nur drei Schriftt hoch reicht. Sie beginnt hektisch zu kreiseln, während sich ebenso hellblaue Lichtzungen faserartig auszubreiten beginnen. Unwillkürlich denkt man an splitterndes Eis oder Glas. Unirdisch hallende Klänge dringen aus dem Licht.
Ruckartig werden Tejeran und Dariyon von den hellblauen Feldern umhüllt, und mit einem wischenden, sausenden Geräusch verschwinden sie. Dann rasen die Rißlinien in alle Richtungen auf die anderen Helden zu.